In der Chinesischen Hälfte der Welt ist gerade das Jahr des Drachen angebrochen. Das Jahr des Drachen bringt Glück und ist besonders für drachengeborene Kinder sehr vorteilhaft. Der Drache ist das Zeichen für Tapferkeit, Stärke, Wohlstand und Glück. Wenn ein Drachengeborener also nicht total behämmert ist, bringt er es im Leben zu etwas.
Dagegen haben es Ratten-, Schlangen- und Ochsengeborene schwerer im Leben. Was sie auch immer anfassen, es wird wohl meist nicht klappen. Daher sind die Geburtenzahlen in diesen Jahren sehr schwach. In Singapur ist das leicht an den Größen der Schulklassen auszumachen: volle Klassen sind oftmals voller Drachen, Schweine und Pferde. Halbleere Klassen sind die Rattenklassen. Da will keiner rein. Es wird sogar darüber gesprochen, dass bei einer ungeplanten Schwangerschaft mit einer Entbindung um ein Chinesisches Neujahr die Geburt entweder verzögert oder beschleunigt wird, um den Sprössling in das bessere Jahr zu entlassen.
Nur mal zur Erinnerung: wir schreiben das Jahr 2012, in dem im Film „Zurück in die Zukunft“ Autos schon fliegen konnten.
Sicher habt ihr schon einmal davon gehört, dass bestimmte Bauten im Chinesischen Teil der Welt etwas merkwürdig aussehen. So gibt es in Hong Kong einen modernen Wohnbau mit mehr als zehn Stockwerken, in dem in der Mitte über mehrere Etagen ein riesengroßes Loch klafft.
Die Antwort, die du auf die naheliegende Frage bekommst, ist immer die gleiche: „Im Berg hinter dem Wohnhaus wohnt ein Drache. Wenn man dem Drachen den Blick mit einem Haus versperren würde, könnte der Drache wütend werden und Unglück über die Menschen bringen.“ Natürlich. Dachte ich mir auch schon!
Nun kannst Du annehmen, dass es das nur bei den ollen Hong Kongern gibt, die auch in einigen modernen Hotels den vierten Stock auslassen, da „vier“ auf Chinesisch genauso klingt wie „tot“. Diese Annahme ist grundfalsch. Im hypermodernen Singapur gibt es Fachleute, die mit Feng Shui ihr tägliches Brot verdienen – und das Geld für den Jaguar und die drei Häuser. Der Job dieser Feng Shui Master ist es beispielsweise, den Drachen als Bewohner des Berges in Hong Kong zu erkennen und daraus Schlussfolgerungen abzuleiten wie beispielsweise „Loch im Haus“.
Die Hausbesitzer des Wohnhauses in Hong Kong zahlen diesem Berater viele Zehntausend für diese Erkenntnis, anstatt ihn wegen der entgangenen Miete aufgrund der fehlenden Wohnungen anzuklagen oder ihn gleich zu erschießen. Und sie tun gut daran, denn wenn ein Feng Shui Master nach dem Bau seinen Mund aufmacht und über den wütenden Drachen berichtet – weil er vor dem Bau nicht gefragt wurde – dann sind keine Mieter mehr für das verwunschene Haus zu finden. Das ist voller Ernst.
Neulich treffen wir eine Kundin, eine Direktorin in einer europäischen Firma in Singapur, in ihrem Büro. Das Zimmer ist sehr nett eingerichtet. Allerdings stört die Anordnung des Schreibtisches den täglichen Ablauf etwas. Sie muss immer quasi durch das ganze Zimmer eine Runde um den Schreibtisch drehen, bis sie dahinter Platz nehmen kann.
Die überwiegende Mehrheit der normaldenkenden Menschen hätte den Tisch etwas gedreht und im Abstand zur Wand aufgestellt. Auf die Frage, warum denn das Teil diese Stellung hat, bekommen wir die einleuchtende Antwort: Feng Shui. Danach erfahren wir, dass der chinesische Boss der Firma einen Feng Shui Berater beauftragt, wenn ein Zimmer seiner Direktoren neu eingerichtet wird. – Spätestens jetzt fühle ich mich richtig schlecht, da ich meine Möbel immer nach bestem Wissen aufstelle.
Dieser Beispiele gibt es sehr, sehr viele. So ist der Singapur-Dollar nicht wirklich rund. Wäre er rund, würde er Unglück über die Stadt bringen. So hat der Gründer von Singapur seinen Feng Shui Master befragt, wie er der Stadt Glück bringen kann.
Die Antwort war: „Da unsere U-Bahn mitten durch das Herz von Singapur schneidet und damit negative Energie erzeugt, brauchen wir eine starke positive Gegenkraft. Jeder muss ein typisches Buddhistisches Zeichen, ein Achteck, mit sich tragen, was Schutz vor Gefahren und Krankheiten bedeutet.“
Die Antwort war: „Da unsere U-Bahn mitten durch das Herz von Singapur schneidet und damit negative Energie erzeugt, brauchen wir eine starke positive Gegenkraft. Jeder muss ein typisches Buddhistisches Zeichen, ein Achteck, mit sich tragen, was Schutz vor Gefahren und Krankheiten bedeutet.“
Der Gründer von Singapur hat wohl geantwortet, dass er von Christen und Moslems nicht verlangen kann, ständig das Buddhistische Oktagon bei sich zu haben. Der Ausweg war, dieses Oktagon auf den Singapurdollar zu prägen. Den trägt tatsächlich jeder mit sich.
Du kannst darüber lachen. Den Chinesen ist Feng Shui sehr ernst – und sehr viel Geld wert.
Nur nebenbei: unter welchem Chinesischen Tierkreiszeichen bist Du geboren? Was sagt Dir das? Dämmert es?