Darf ich Dich zum SMSsen einladen?

Schon mehrfach konnte ich beobachten, wie sich junge Paare im Park auf der Bank oder auch am Bus oder in der U-Bahn per SMS unterhalten. Jeder hat sein Mobiltelefon auf dem Schoss und tippt munter vor sich hin. Dabei habe ich mir die Frage gestellt, wieso diese jungen Leute per SMS kommunizieren, anstatt direkt miteinander zu sprechen. Das ist doch Geldverschwendung, oder?
Meist ist es keine Geldverschwendung, da die eine Flatrate haben, also pauschal zahlen. Aber der wichtigste Grund ist wohl der: Sie wollen nett zueinander sein. Beim Sprechen rutscht Dir schon mal etwas Unhöfliches oder sogar Beleidigendes über die Lippen, das Du dann nach ein paar Sekunden bereits bedauerst. Das passiert mir laufend – und auch sitzend oder liegend. Das Senden von einer SMS ist da viel sicherer. Dabei überlegst Du eine Sekunde länger, bevor Du absendest. Das ist meist lang genug, um unschöne Ausdrücke noch zu bemerken und zu korrigieren. Das geht mir auch so. Hier ein Beispiel:
Wenn ich mit meiner Schwester am Telefon bin, kann mir schon mal etwas rausrutschen wie “Bist Du heute wieder auf Arbeit geradelt, wie die gesamte letzte Woche schon?” was Heike in der Regel mit dem Beleidigte-Leberwurst-Ton in der Stimme quittiert, da an Heikes vor drei Jahren gekauften Fahrrad immer noch die Neues-Fahrrad-Gumminoppen auf der Lauffläche stehen. Nicht so nett, ich weiß. Allerdings fällt der Schritt des Bedauerns bei mir in diesem Fall weg. Auf einer SMS wäre ich da viel dezenter wie “Ist die Kette an Deinem Rad schon fest gerostet?” oder “Musstest Du Dein Rad in diesem Jahr auch wieder nicht putzen?”
Wenn Du die modernen Formen der Kommunikation wie Email, Messenger oder eben SMS nutzt, bist Du also wesentlich sicherer im Umgang mit anderen.
Wie haben wir nur vor zehn Jahren gelebt, als SMS noch in den Kinderschuhen gesteckt hat? Wir haben die Kinderschuhe nie danach durchsucht und deshalb auch nichts gefunden. Schon gar keine SMS.
Damals haben wir einfach ein Stück Papier genommen und eine Nachricht darauf hinterlassen. Wie umweltunfreundlich! Auf die Ferne hat es damals ein Brief getan. Der Brief hat noch mit “Lieber Vorsitzender der Kreisleitung” oder so begonnen werden müssen. Wie umständlich. Auf der SMS tut es heute schon ein liebevoll dahingeworfenes “Hallo, Angela” oder “Hi, Dicker” oder einfach gar nichts.
Wie haben wir die langweiligen Abendessen mit der Familie überstanden, als es noch kein Mobiltelefon gab, das das nervige Gespräch über Schule oder Tante Leas Hund mit einer im richtigen Augenblick einlaufenden SMS oder einem dezenten Klingeln eines Anrufs unterbrochen hat. Seitdem es diese Mobiltelefone gibt, wird der Fernseher etwas leiser geregelt, damit er nicht beim Telefonieren stört.
Ach ja, der Fernseher. Habt Ihr Euch schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie die Leute in der Vor-Fernseher-Zeit gelebt haben? Damals konntest Du unerwünschte Gespräche am Abendbrottisch nur durch den Lärm des Messers auf dem Teller übertönen. Und wohin hast Du nach dem Abendessen gestarrt? Etwa in das Gesicht des Bruders oder der Oma?
Was hat denn der Normalbürger am Abend gemacht, als es keine der Segnungen der modernen Technik gab? Blieb da wirklich nichts weiter übrig, als mit der Familie über langweilige, alltägliche Dinge wie Arbeit beim Max oder Physikunterricht bei Frau Risto zu sprechen oder mit Tante Liesbeth in Städten Mensch-Ärgere-Dich-Nicht zu spielen.
Gott sei Dank ist diese Zeit vorbei. Heute sind wir doch viel weiter entwickelt. Wir können uns heute im Park nebeneinander sitzend mit Hilfe der modernen Technik köstlich bei Videospielen amüsieren oder sogar die Post erledigen, ohne sich gegenseitig zu belästigen.
Wie sieht die Zukunft aus? In Zukunft werden wir sicher den wegen der möglichen Übertragung von gefährlichen Krankheiten sehr riskanten persönlichen Kontakt noch weiter minimieren können. Zum Essen musst Du nicht unbedingt zu Mac Donald pilgern. Auch die köstlichen hausgelieferten Hamburger von denen musst Du nicht unbedingt bestellen. Das Essen wird in Zukunft aus einem Internetkaffee heruntergeladen. Der Rest wird wieder hochgeladen. Mit Flatrate – wodurch das Essen sehr flach ausfallen dürfte. Zu Trinken bekommt man dann downstream. Auf der Festplatte kannst Du in Zukunft anstatt einer Menge Kilo Byte ein paar Kilo Reis speichern.
So, ich muss jetzt Schluss machen. Es wird Zeit, noch eine SMS an Luna zu senden. Sie kann nämlich noch nicht so gut sprechen.
UK

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