Deutschland, wohin geht die Reise?

Deutschland, wohin geht die Reise?

Nach 20 Jahren in Singapur ist es sehr leicht, eine immer wiederkehrende Frage zu beantworten.
„Gehst Du irgendwann zurück nach Deutschland?“ werde ich oft gefragt.

Ohne lange zu überlegen antworte ich etwa „Mir gefällt es hier ziemlich gut. Typisch deutsche Unzulänglichkeiten gibt es hier kaum.“

Deutschland auf dem Weg ins Chaos

Bei unserem letzten Aufenthalt in Deutschland herrschte Chaos. Wir hatten uns lange vor der Ankunft in Berlin Zugtickets nach Saalfeld besorgt, um Muttis 90. zu feiern. Leider sind derart Pläne in Deutschland nichts wert, da Weselsky, Verdi, Klimakleber und viele andere „Organisationen“ sich scheinbar zum Ziel gesetzt haben, Deutschland zugrunde zu richten. Glücklicherweise begann Weselskys Streik erst ein paar Stunden nach unserer Ankunft in Saalfeld. Aber die Unsicherheit war sehr groß.

Als wir uns wieder auf die Heimreise machen wollten, fiel den Streikführern bei Verdi ein, dass auch die Sicherheitsleute an Flughäfen Forderungen stellen sollten, da unsere Wirtschaft im Moment auf Hochtouren zu laufen scheint. Tut sie das?

Das Ergebnis eines 24-stündigen Streiks beim Sicherheitspersonal am Flughafen. Danke auch.

Ein 24-stündiger Streik bei den Sicherheitsleuten bedeutet, dass für einen Tag keiner abfliegen kann. Unser Flieger war auf den Donnerstag angesetzt, so dass wir bequem einen wichtigen Kundentermin am Montag hätten wahrnehmen können.

Leider sind die Flieger im Moment gut ausgebucht. Das heißt, dass beim Ausfall eines Fliegers die zurückgebliebenen Passagiere auf viele Flieger verteilt werden müssen. So ist aus unserem Abflug am Donnerstag ein Abflug am Sonntag geworden. Unseren Termin in Singapur konnten wir nicht halten.

So sehen Streikende aus.

Die „Errungenschaften“ der Streikenden:

  • Die betroffenen Unternehmen verlieren Einkommen. Das betrifft in dem Fall die Fluggesellschaften oder deren Versicherungen, die Flughäfen, sowie alle die Menschen, die ihren Job nicht machen können. Glücklicherweise konnten wir unsere 28 Workshop-Teilnehmer umbuchen.
  • Das Bruttosozialprodukt wird gedrückt. Unsere Wirtschaft geht lahm.
  • Die Umwelt leidet darunter. Alle an deutschen Flughäfen ankommenden Flieger wurden abgefertigt, das heißt, dass die Passagiere aussteigen konnten. Da aber keine Passagiere zusteigen durften, flogen die Maschinen leer zurück. Das ist kriminelle, vorsätzliche Umweltbelastung. Ähnlich sieht es bei ausbleibenden Zugverbindungen aus. Wie viele Autos wurden gemietet, um einen ausgefallenen Zug zu kompensieren?
  • Das Ansehen der deutschen Wirtschaft schmilzt, so dass Aufträge besser nach Osteuropa oder Asien gegeben werden, wo zuverlässig gearbeitet wird. Unternehmen wandern ab, nicht nur aber auch wegen derartiger Unzuverlässigkeiten.

Unsere Erklärung „In Deutschland wird gestreikt“ ist für Singapurer unverständlich. So etwas war bisher den Italienern vorbehalten. In Singapur und den umliegenden Ländern gibt es so etwas nicht. Und von Deutschland war das auch eher selten zu hören. Bisher.

Meine Meinung: Wenn unsere Regierung auf Draht wäre, würde weniger und kürzer gestreikt. Die berufserfahrenen Grünenpolitiker würden sicher gerne als Vermittler akzeptiert.

An der Mauer wird mein Geburtstag gefeiert. Stark!

Noch etwas: Am Berliner Flughafen werden offensichtlich viele Einwanderer beschäftigt. Da sie uns fremde Sprachen wie russisch oder albanisch sprechen können, verbessert sich das Willkommensgefühl für Touristen oder weitere Einwanderer erheblich. Dass diese am Berliner Flughafen beschäftigten Mitarbeiter nur schlechtes Deutsch und fast kein Englisch drauf haben zeigt, dass der „Drehkreuz-Gedanke“ wohl vom Tisch ist. Amy konnte keine Auskunft in Englisch bekommen. Ich nur nach Hängen und Würgen. Das liegt sicher an meinem degenerierten Deutsch.

China auf dem Weg in die Zukunft

Noch in den Neunzigern konnte in China die asiatische Vergangenheit besichtigt werden.

Bei einem Besuch Anfang der Neunziger waren die den aus Hong Kong eingereisten Touristen vorgestellten „Wohnhäuser“ nicht als solche zu erkennen. Dieses Bild wurde nicht im chinesischen Hinterland, sondern in Shenzhen nahe Hong Kong aufgenommen. Jeder deutsche Kuhstall sieht ansprechender aus.

Die Zugfahrt dahin war wegen des Zustandes des Zuges ebenfalls etwas abenteuerlich. Der Zug war nicht sauber und der Anzug des Schaffners dreckig und löchrig. Wirklich.

China nahe Shenzhen anfang der Neunziger.

Vor ein paar Tagen durften wir wieder einmal Zeugen des Fortschritts in China sein.

Natürlich klappte bei unserer Ankuft am klitzekleinen Flughafen (kann im Jahr 45 Mio Passagiere abfertigen, BER: 34 Mio) in der eher unbekannten südchinesischen Stadt Xiamen (etwas mehr als 5 Millionen Einwohner) alles pefekt. Wir sammelten unser Gepäck nach ein paar Minuten ein, nachdem wir etwa 3 Minuten für die Passkontrolle benötigt hatten.

Unser Kunde transportiert uns normalerweise mit dem Wagen die 190km vom Flughafen zum in den Bergen gelegenen Veranstaltungsort nahe Putian.

Amys Gruppe mit dem Sohn des Restaurantgründers direkt hinter ihr.

Amy und ich hatten zwei Tage beim Kunden zu tun. Jeder von uns hatte etwa 50 Teilnehmer, die Leiter von Putien-Restaurants, von denen die Firma weit über 100 besitzt.

Uwes Gruppe mit Uwe hinter der Kamera.

Seit mehr als einem Jahr helfen wir denen in der Führungskräfteentwicklung – eine sehr interessante und oftmals schmackhafte Aufgabe.

Erstaunlicherweise ist die Chance ziemlich groß, in China in ein E-Auto einzusteigen (hier mehr dazu). Unsere Taxis gehen in der Regel elektrisch. Überraschenderweise scheint der Anteil an E-Autos in China höher zu sein, als in Singapur und sowieso höher als in Deutschland.

BYD produzierte mehr als 3 Millionen E-Autos im Jahr 2023 (Foto).

„Vorsprung durch Technik“ war mal das Motto eines deutschen Autoherstellers. Jetzt ist BYD das weltweit meistverkaufte E-Auto, das ich mittlerweile auch bei Sixt mieten kann. Danach Tesla und mit großem Abstand ein paar deutsche, weitere Chinesen, etc.

Produktion von E-Autos im ersten Halbjahr 2023. Wir waren mal die Auto-Nation.

Die gute Nachricht: Wir wurden nicht im BYD, sondern in einem VW ID.6 transportiert. Dieser Wagen ist vom Inder Nitin Bhikha entwickelt worden und wird in China zusammengebaut. Ein toller Wagen – nicht wirklich deutsch.

Der Fahrer meinte, er könne die 190km hin und auch wieder zurück ohne Aufladung erledigen. Im Falle aller Fälle gäbe es auf fast jedem Parkplatz ein paar Ladesäulen. Wir haben uns davon überzeugen können. Die Ladestationen sind ein fester Bestandteil auf den meisten Parkplätzen. Das ist in Singapur gerade im Aufbau. Und in Deutschland?

Unser ID.6 Model aus chinesischer Produktion (Foto).

Unsere Tochter ist zur Zeit mit ihrem Plug-In-Hybrid in Deutschland und Tschechien unterwegs. Es wäre interessant zu erfahren, ob sie auch leicht irgendwo aufladen kann.

Im Zug unterwegs – zuverlässig, sauber und sehr schnell

Von Putian aus wollten wir uns einige Sehenswürdigkeiten anschauen. Wir sind zugegebenermaßen eher für Blitztouristik. Mir reicht es beispielsweise zu wissen, dass unser Karl der Große im Jahre 800 in Rom von Papst Leo III zum Kaiser gekrönt wurde. Auf welchem Stuhl er als Herrscher saß, mit welchem Löffelchen er dabei gegessen und aus welchem Becherchen er getrunken hatte, ist mir genauso wichtig, wie der Name seines Elefanten Abul-Abbas.

Bahnhof von Putian (3 Mio Einwohner).

So halten wir das auch in China. Wir wussten, dass viele Singapurer von der Volksgruppe der Hakka abstammen. Wir wussten auch, dass die Hakka in runden Häusern gewohnt hatten. Aber tun sie das immer noch? Wie sieht so etwas aus?

Wir wollten das Ganze an einem Tag Blitztouristik erkunden.

Der Bahnhof von Putian ist geräumig, sauber und vollautomatisch.

Natürlich kann man das mit dem Auto erledigen. Unsere Anfahrt zu den Hakka-Häusern sollte 180km betragen. In China bietet sich dafür der Zug an.

Putian ist eher ein Dorf, und unser Ziel liegt nahe Nanjing im Grünen. Daher gibt es keinen Hochgeschwindigkeitszug zwischen beiden Orten. Wir durften deshalb nur mit 210km/h reisen. Obwohl Putian ein Dorf ist, hat es doch einen ansprechenden Bahnhof. Das Gebäude ist sicher mehr als 100m lang, pieksauber – war der Pieck eigentlich sauber? – und vollautomatisch.

Heute nicht „richtig schnell“. 205 ist in China eher „Bummelzug“-Geschwindigkeit.

Bei unserem kürzlichen Besuch in Deutschland mussten wir noch unser Gepäck, das heißt meinen Rucksack und Amys 2 Koffer, mangels Rolltreppen treppauf und treppab schleppen, dem Schaffner den Fahrschein zeigen und durch mehrere Verspätungen navigieren, wobei wir im sogenannten ICE selten 160 erreichen durften.

In China wurden wir von einem automatischen System nach Pass- und Gesichtserkennung pünktlich auf den Bahnsteig gelassen, was die Kontrolle im Zug überflüssig macht. Die Damen und Herren kümmern sich um den Dienst am Kunden mit Speisen und Getränken sowie anderen Kleinigkeiten. Ja, in dem Bummelzug kannst Du Bier oder Kaffee sowie warmes Essen bekommen.

Auf unserer Fahrt in China wurden auch der Boden und die Toiletten unterwegs gereinigt. Man befindet sich immer in einem sauberen Zug.

Chinesen warten diszipliniert in der Schlange genau da, wo die Tür zum Halten kommt. Und das ist nur ein Dorf!

Auf allen Tickets gibt es Wagen- und Sitznummer. Auf dem Bahnsteig sind die Wagennummern gekennzeichnet, so dass sich genau da eine Schlange bildet, wo auch die Zugtür zum Stehen kommt. Superpünktlich! Und das klappt.

Zugreisen in China ist bequem, sauber und seeeehr schnell. Die Dame auf dem Bahnsteig begrüßt den Zug. Das ist japanischer Standard.

In Deutschland rennen wir erst nach Eintreffen des Zuges zum entsprechenden Wagon, weil der nie da hält, wo unser Gepäck aufgetürmt ist. Die Wagenreihungstafel hilft nicht wirklich, da die unterbezahlten Lokführer sich nicht darum scheren. (Der Gepäckmann hat da seine Erfahrungen.)

Wesselskys Truppen und deren Kollegen bei der DB machen einen lausigen Job, wollen aber eine bessere Vergütung. Verglichen mit den Chinesen sind wir in vielerlei Hinsicht Entwicklungsland.

Man könnte fast meinen, „Deutschland schaffe sich ab„. Allerdings teile ich nicht die Meinung von Sarrazin, dass daran in erster Linie die Einwanderung schuld sei. Die brauchen wir dazu nicht. Das bekommen wir ganz alleine hin. Schade aber auch.

Nur nebenbei: Der in Deutschland entwickelte Transrapid wurde zwischen Shanghai Flughafen und Innenstadt schon zu Schröders Zeiten installiert aber im Emsland in 2012 eingeschläfert.

In Shanghai durfte ich bereits vor fast zwanzig Jahren (im November 2004) mit 431 km/h auf der Strecke vom Flughafen Pudong zum Stadtzentrum Siemens- und ThyssenKrupp-Technik bewundern.

Der Maglev zwischen Flughafen Pudong und Shanghai fährt seit 2001.

Jetzt bauen die Chinesen den Hochgeschwindigkeitszug auf Magnetfeld mit 600 km/h selbst. Warum? Weil wir Deutschen das ökonomisch nicht anbieten können, die Chinesen aber schon. Schade eigentlich.

Maglev 600 (Quelle)

Hier zum Ziel unserer Kurzreise: Die Rundhäuser der Hakka, die Tulou.

Nachtrag

Nach unserer Rückkehr wollten wir noch ein paar Kleinigkeiten im Tante-Emma-Laden in der Nähe unseres Hotels in Putian besorgen. Vor uns an der Kasse zahlte gerade eine Dame durch das berührungslose Platzieren ihrer Handfläche über einem kleinen Tablet.

Der Handflächenscanner ist in China schon Standard, in Singapur auf dem Weg. Hier mehr.

Auf unsere Frage kam die Antwort, dass diese Art der Bezahlung das Leben erleichtere. Die Musterung auf der Handfläche sei ähnlich unverwechselbar, wie der Fingerabdruck. So lassen die Kunden die Handfläche abspeichern und zahlen durch das Wischen über das Tablet. Stark!

Sicher? Wie immer im Leben gibt es ein Restrisiko. Jedoch wäre es auffällig, wenn jemand Sojamilch, Reis und Kondome mit einer abgehackten Hand bezahlen wollte.

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