Gerade eben sind wir wieder zu Hause in Singapur gelandet. Der Flug mit Turkish Airlines ging von Köln-Bonn über Istanbul nach Singapur. Eigentlich mag ich Köln-Bonn, da der Flughafen klein genug ist, um kurze Wege zum Flieger zu erlauben. Im neuen Flughafen von Istanbul wurde dagegen versucht, etwas für das körperliche Wohlbefinden zu tun. Nach einem langen Flug tut etwas Sport ganz gut. Nach dem Eintreffen werden wir vom Ende eines Terminals über mehr als 400m zur Sicherheitskontrolle und dann über weitere 400m zum Abflugterminal geleitet. Das ist gut für die Gesundheit, aber schlecht für die Verbindung. In Köln-Bonn kannst Du nur 400m hinter Dich bringen, wenn Du mehrfach hin und her läufst. Das ist auch gut für die Gesundheit, sieht aber extrem blöd aus.
Jetzt geht es erst einmal zum Einchecken in Köln-Bonn. Turkish Airlines hat ein paar Schalter zum Einchecken am Ende des Terminals. Dort sortieren wir uns ein. Da wir wie immer eigentlich früh dran sind, stehen wir ganz vorne. Um 17.00 Uhr soll es losgehen. Das Einchecken. Um 17.05 Uhr bewegt ich immer noch nichts. Wir fragen an einem Turkish Airlines Schalter nach. Der Mann, der unvorsichtigerweise für alle Passagiere erkennbar vorne am Schalter sitzt, sagt etwas kleinlaut, dass um 17.15 Uhr mit dem Einchecken begonnen wird. Danach macht er sich klugerweise aus dem Staub. Als wir um 17.20 Uhr wieder nachfragen wollen, ist er nicht zu sehen. Und auch kein Anderer ist sicht- oder greifbar. Die Schalter, die eigentlich laut Plan schon arbeiten sollten, sind so verlassen wie die in BER.
Um 17.30h bewegt sich auch noch nichts. Zwei Damen in Turkish Airlines Uniform schlendern gelangweilt an den Schaltern vorbei, wobei sie in ein unheimlich wichtiges Gespräch vertieft zu sein scheinen. Sie wandeln dahin, wo vor einer halben Stunde noch der Kollege gesessen hatte. Den wartenden Passagieren widmen sie keinen einzigen Blick. Wahrscheinlich wissen sie, dass sie bei einem solchen Fehler sofort nach der Check-In-Zeit gefragt werden würden. So töricht sind sie nicht. Sie kommen davon, ohne angesprochen zu werden. Nachdem sie in einem angestrengten Dialog wahrscheinlich eine drohende Katastrophe gerade noch abgewendet hatten, kommen sie zurück zu den Check-In-Schaltern.
Inzwischen hat die Warteschlange ordentliche Ausmaße angenommen. Sie reicht durch die gesamte Halle hindurch bis zum Eingang, wo sie gezwungenermaßen abbiegt. In der gesamten Halle arbeitet kein Schalter. Und auch an den nicht zum Check-In vorgesehenen Schaltern lässt sich sicherheitshalber niemand sehen. Wahrscheinlich sind alle Mitarbeiter in die Vorbereitung der in mehreren Stunden startenden Flüge vertieft. Da gibt es sicher jede Menge zu erledigen. Von Zeit zu Zeit bekommen wir beim Öffnen einer Tür Einblick in die Tätigkeiten, die sich scheinbar alle ohne jegliche Unterlagen am Besprechungstisch bei einem Kaffee erledigen lassen. Der nahezu vollautomatische Flughafen also. Toll.
Es ist jetzt 17.35 Uhr und der Check-In-Schalter erwacht zum Leben – wenn auch zu einem ganz gemütlichen. Als eine weitere Dame zur Verstärkung kommt, wird sie von allen mit einem, nein zwei Bussi auf die Wange begrüßt, als käme sie aus einem zweijährigen unbezahlten Urlaub. Ich möchte wetten, die war gestern auch hier. Der Umgang miteinander scheint am Check-In sehr herzlich zu sein. Der Umgang mit den Passagieren eher nicht.
Da die Damen bisher keine Zeit für irgendwie geartete Vorbereitung gehabt haben, verteilen Sie jetzt die Bordkartenformulare. Jemand sucht nach den Transfer-Anhängern, die schließlich an einem unbemannten Check-In-Schalter gefunden werden. Und da sind noch die speziellen Turkish Airlines Sicherheitsanhänger für das Handgepäck, ohne die es in Istanbul ganz schlecht mit dem Besteigen des zweiten Fliegers wird. Diese Sicherheitsanhänger werden in Köln an das Handgepäck geheftet und besagen so etwas wie „Handgepäck überprüft und für sicher befunden“, nachdem der Check-In-Mitarbeiter normalerweise für etwa eine halbe Sekunde meinen Computer-Rucksack gemustert hat. Er weiß, dass danach noch jede Menge Gelegenheit bleibt, eine Handgranate, eine Magnum 44 und eine Stange C4 in den Rucksack zu schummeln, die hoffentlich bei der richtigen Sicherheitskontrolle entdeckt werden. Diese absolut sinnlosen Sicherheitsanhänger werden in Istanbul von einem wahrscheinlich in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme tätigen Team überprüft. Die Sicherheitsanhänger werden jetzt von einem anderen Mitarbeiter herein gebracht.
Irgendjemand sollte den inzwischen drei Damen und einem Herrn am Check-In mitteilen, dass da Passagiere vor ihnen stehen und warten. Teilweise seit Stunden. Aber die Mitarbeiter sind absolut Herr der Lage. Sie verschwenden niemals einen Blick in Richtung Passagiere. Und sie lassen sich nicht zu unerfüllbaren Versprechen verleiten wie „Nur noch fünf Minuten, dann geht’s auch schon los.“ Mund und Lautsprecher sind und bleiben stumm, während sie jeglichen Blick zu den Passagieren vermeiden. Sie schließen die Vorbereitung der Vorbereitung, nämlich das Zusammensuchen aller Hilfsmittel ab und gehen zur Vorbereitung über. Dieser Schritt beinhaltet das Hochfahren des Computers, das Schalten der Anzeigetafeln und das Aufsetzen des obligatorischen Lächelns. Scheinbar das erste Mal in ihrem Leben schauen sie in die Wartehalle und müssen abrupt feststellen „Ach, da sind ja schon Passagiere, die auf mich warten.“
Mit einem gönnerhaften Lächeln werden wir schon zum Schalter gebeten.
Urlaub in Europa wäre toll, wenn nur die Anreise und die Abreise nicht wären.
Bei der Anreise gibt es eine kleine Schlange bei der Grenzpolizei in Köln-Bonn. Daneben sind Maschinen für die automatische Einreise, so wie ich das von Singapur seit 15 Jahren gewohnt bin. Da ich Schlangen nur im Zoo mag, gehe ich Richtung Grenzautomat, bis ich feststellen muss, dass alle Maschinen ausgeschaltet sind. Dann frage ich die Dame an der Grenzkontrolle nach den Automaten, während sie meinen Pass mustert. „Die sind ausgeschaltet“ sagt sie mit einem Blick, der so viel bedeutet wie „Das kann doch jeder sehen. Wieso fragst Du so blöd?“