Auf dem Dach der Welt

Auf dem Dach der Welt

Nach der Ankunft in Lhasa am Abend und einer Nacht ohne Schlaf auf etwa 3650 Metern machen wir uns auf zum Potala-Palast. Unser Körper ist aufgrund des Sauerstoffmangels unglaublich schlapp. Die Nacht haben wir mit Knabbereien und viel Wasser bei Kopfschmerz und Übelkeit verbracht. Das Interesse am Frühstück ist gemäßigt; es ist aber Pflicht. Nach langer Diskussion mit meinem Magen bringe ich darin etwas Reis unter. Die Mitteilung unseres Reiseleiters, dass ein Pärchen wegen der Strapazen schon den Rückflug angetreten hat, demotiviert zusätzlich.

Potala-Palast
Potala-Palast

Der imposante, etwa 400 Meter breite Palast wurde vor etwa 350 Jahren errichtet, besitzt dreizehn Stockwerke, mehr als tausend Räume und residiert hoch erhoben über Lhasa. Seit 1959 hält sich der Dalai Lama in seiner Sommerresidenz in Indien auf. Potala ist daher leerstehend und offen für Touristen. Schon vor dem Betreten des Bauwerks kommt uns ein sehr strenger Geruch aus dem Inneren entgegengekrochen, der sich beim Herannahen noch verstärkt.

Die Erklärung ist ganz einfach: fast alles hier ist aus Yak hergestellt. Es gibt Yakhaarvorhänge, Yakfellvorleger, Yakbutterkerzen, yakgewachste Böden und so weiter. Eben fast alles ist aus Yak gemacht und schwängert die ohnehin dünne Luft mit einem sehr aufdringlichen Geruch. Die Isolierung des Palastes besteht aus Lavendelholz, das allerdings nichts gegen den Yakgeruch ausrichten kann. Yak und Lavendel bilden die Hauptlieferanten für viele Dinge des täglichen Lebens auf großer Höhe. Nach diesem Eindruck verstehen wir, weshalb der Dalai Lama seinen Wohnsitz nach Indien verlegt hat.

Potala-Palast aus der Ferne
Potala-Palast aus der Ferne

Am Nachmittag besuchen wir das Mekka der Buddhisten, den Jokhang-Temple in Lhasa, der sich in Sichtweite des Potala-Palasts befindet. Hier sind die letzten Dalai Lamas begraben, sitzend eingegossen in Gold und Bronze. Außerdem lernen wir, dass es neben dem Dalai Lama und den südamerikanischen Lamas noch den Pan-chen Lama und den Karmapa Lama gibt. Die beiden letzteren sind in Tibet geblieben und arbeiten mit der chinesischen Regierung zusammen.

Yamdrok See auf 4441m
Yamdrok See auf 4441m

Am nächsten Tag geht es mit dem Bus 350km von Lhasa nach Shigazhe. An einem azurblauen See in etwa 4420m Höhe stoppen wir, um Bilder vom entfernt liegenden Mt. Everest-Massiv zu machen. Dann geht es weiter über einen 5040m hohen Pass. Alles ist hier schnee- und eisfrei und recht warm. Die Sonne ist der Hammer. Es ist uns verboten, ohne Kappe oder UV-Schutzbrille nach draußen zu gehen.

Auf dem Pass nimmt uns die Höhenkrankheit wieder heftig mit. In 5000m Höhe ist der Luftdruck nur noch etwa 55%. Damit natürlich der Sauerstoff auch. Danach liege ich erholt in meinem Hotel in etwa 3800m Höhe. Diese Höhe findet unser Körper mittlerweile normal. Die Fahrt zum Mt. Everest-Basecamp tun wir uns nicht an.

Auf dem Rückweg nach Lhasa stoppen wir unterwegs – wie eigentlich eher selten – um einigen Mitreisenden die Möglichkeit zu geben, die abenteuerlichen Toiletten zu besuchen. Die „Toiletten“ sind schmutzige und sehr stinkige Häuschen mit einem Loch in der Mitte. Dieses Loch bietet ungeahnte Einblicke in die Essgewohnheiten ganzer Generationen von Tibet-Touristen. Nachdem ich einmal zum Besuch einer solchen „Institution“ Anlauf genommen hatte, lebe ich in stiller Absprache mit meinem Verdauungstrakt, dass über den Tag keinerlei größere Geschäfte möglich sind. Die kleineren können glücklicherweise einfacher erledigt werden … jedenfalls bei den Herren. Nach einigen dieser Erfahrungen haben auch viele Frauen entdeckt, dass sie anatomisch gar nicht so weit von den Männern entfernt sind.

Tibetaner mit "Handy"
Tibetaner mit “Handy”

Buddhismus ist die vorherrschende Religion in Tibet. Daher findet man Tempel und Klöster nahezu überall. Beim Betreten eines solchen sollte man nicht versäumen, etwas für das eigene seelische Wohl zu tun. Dafür läutet man eine Glocke, die es oft am Eingang gibt, sozusagen der Vorgänger der Türklingel. Im Tempel finden sich normalerweise viele Gebetsmühlen in unterschiedlichen Größen, die Schrift oder Bilder tragen. Die größeren sind mannshoch. Wenn man noch mehr für seine Seele tun möchte, dreht man diese Mühlen, aber bitte immer im Uhrzeigersinn. Auf der Straße begegnet man den tragbaren Ausführungen dieser Mühlen, die etwas grösser sind als ein Mobiltelefon und wahrscheinlich eine ähnliche Funktion erfüllen: der heiße Draht zum “Boss”. Die Männer haben eine etwas größere Ausführung, die sicher eine größere Reichweite aufweist, vielleicht das LTE der Gebetsmühlen.

Betende Sünder
Betende Sünder

In Tibet gibt es bedenklich viele Sünder. Diese Sünder sind daran zu erkennen, dass sie sich ausschließlich betend, das heißt auf den Boden werfend fortbewegen. Das geht so: lang hinlegen zum Beten und dabei mit ausgestreckten Armen einen kleinen Gegenstand vor sich platzieren – aufstehen und bis zum Gegenstand nach vorne gehen – wieder lang hinlegen und so weiter. Wohl dem, der eine stattliche Körpergröße hat. Die kleinen tibetanischen Chinesen haben da eher einen anatomischen Nachteil.

Die Sünder sind überall anzutreffen, sogar mitten auf der Straße in der Stadt. Leider konnten wir nicht herausfinden, wie die Betenden eine Ampelkreuzung überqueren; was passiert, wenn die Ampel auf Rot schaltet? Uns wurde gesagt, dass viele dieser “Sünder” diese Prozedur monatelang oder sogar jahrelang auf sich nehmen. Einige der Buddhisten kommen aus weit entfernt liegenden Gegenden des Tibetanischen Plateaus und „beten“ sich bis zum allerhöchsten Heiligtum, dem Jokhang Tempel in Lhasa durch.

Eine Runde Beten um den Potala-Palast ist durchaus in ein paar Tagen machbar. Wir schätzen, dass diese läppische Runde eine kleine Sünde tilgt, wie etwa “seinem Ehemann ein nicht ganz kaltes Bier servieren”. Wir nehmen an, dass die Strafe für etwas Großes wie Ehebruch drakonisch sein muss – vielleicht betend bis zum Mt. Everest und zurück?

Betender Tibetaner
Betender Tibetaner

Die betenden Sünder sind allerdings ganz gut vorbereitet. Sie tragen Knieschoner aus Leder oder Holz, die wohl den Aufprall beim Hinlegen abfedern und Bodenunebenheiten ausgleichen sollen. So etwas wie “der Ski am Knie”. Manche schieben Matten vor sich her. Außerdem sind die Hände bei vielen in Holzschuhe oder derbe Handschuhe gekleidet, die zwar nicht sehr elegant aussehen, dafür aber einen guten Schutz für die Hände bieten sollten. Daher kommt wohl der Name „Handschuh“? Vielen Betenden sieht man an, dass sie seit langer Zeit unterwegs sind. Die Kleidung ist abgerissen und unheimlich schmutzig. Auch der Körper zeigt kein Zeichen von kürzlicher Reinigung. Uns ist schleierhaft, wie die Betenden ihr Geschäft verrichten.

Jetzt kann ich mir auch vorstellen, wieso einige Bergsteiger in der Höhe durchdrehen. Nerven werden unterversorgt. So hatte ich beispielsweise unterwegs auf dem 5000er Pass Probleme mit dem Lesen meines Telefons. Das ist ein nicht so nettes Gefühl. Ich dachte ernsthaft, ich wäre dort oben ganz einfach mal ein paar Jahre gealtert. Gott-sei-Dank sind aber meine Sinne vollständig wiederhergestellt – soweit man das überhaupt selbst beurteilen kann…

Krise = Gefahr und Chance

Jede Krise ist auch eine Chance

Ja, das Leben hat sich etwas geändert, aber das bringt uns nicht um, oder? Wenn wir uns an Merkels Spielregeln halten, ist die Sache hoffentlich bald überstanden. Leider gibt es die die das nicht tun. Die bringen uns in Gefahr.

Wie ist es in Singapur?

Beklaut III

Wenn Du herausfinden moechtest, ob es Taschendiebstahl auch in Europa gibt, musst Du nur eine groessere Kamera für etwa sieben Sekunden unbeobachtet lassen. Mit etwas Glueck kannst Du das Klischee von hoeherer Kriminalitaet in Asien zumindest ankratzen.

Deutschland neu erlebt

Nach einer gefühlten Ewigkeit haben wir uns im August 2021 wieder einmal auf den Weg nach Deutschland gemacht. Diese Reise war etwas geprägt von der gegenwärtigen pandemischen Lage in der Welt. So war die Reisevorbereitung etwas komplizierter als zuvor.

Schlangenbericht

Nun wohnen wir etwas mehr als ein Jahr im Osten von Singapur, direkt am Park zum Meer. Schon beim Einzug hatte uns unser Nachbar hilfsbereit mitgeteilt, dass wir ihn ruhig rufen könnten, wenn wir irgendwo eine Schlange sehen sollten. Er hatte uns auch gesagt, dass er in jedem der zehn Jahre, die er am Park wohnt, eine Schlange gesehen und auch meist getötet hat – die Hälfte davon waren Kobras. „Aufschneider!” dachte ich damals noch. 

Eine Woche im Vulkan

In Manila angekommen werde ich in einem noblen Hotel einquartiert, bevor die Fahrt am nächsten Tag weiter geht nach Taal in den Süden auf der philippinischen Hauptinsel Luzon. Taal ist…

Another Marathon

At the Start around 05:00h, I am really in a good shape like everyone else – hyper-optimistic and full of zest for action, for my next marathon. Let’s go.
The first kilometres pass by easily, since there is a good portion of pride. Not everyone runs a marathon. The fact that I am in my fifties adds to that pride.

Außer Atem

Gerade eben haben wir im Zug auf der Qinghai-Tibet-Railway die Höhe von 5075 Meter passiert. Der höchste Punkt, der mit einem Zug erreichbar ist, liegt wesentlich höher als der höchste Berg Europas. Das klingt toll, ist aber total unspektakulär, da das Hochland von Tibet über viele Tausend Kilometer eher eben ist.

Zu Besuch in Paris

Schon in der Stadt ist es eine echte Herausforderung, ein Geschäft zu erledigen. Etwa wie zu Ostern versuchst Du die irgendwo versteckte Toilette zu finden. Der Vergleich mit Ostern hinkt ein bißchen. Während ein vergessenes Ei erst vier Wochen nach Ostern richtig stinkt, riecht man einen verpassten Toilettenbesuch sofort.

Lo Hei zum Chinesischen Neujahr 2023

Lo Hei ins Jahr des Kaninchens

Mit Lo Hei ist die jährlich in Singapur und Malaysia stattfindende Zeremonie zur Begrüßung des Neuen Jahres, des Chinesischen Neujahrs gemeint. Das neue Jahr beginnt am 22. Januar 2023. In…

Seven Days in Tibet

Together with our friends Frank and Mila and a mixed group from Singapore and Indonesia Amy and I spent our „vacation” in Tibet from 27 May to 02 June 2009. A great experience that we probably only make once. Why this adventure? For a long time the “Roof of the World” was one of my dream destinations. Unfortunately, I did not know that this would be less a vacation, but rather an adventure with some quite tough encounters.

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