Zeitreise

Zeitreise

Ein paarmal im Jahr machen wir uns auf nach Europa. Einerseits natürlich, um unsere Familien zu treffen und die aktuelle Anzahl der Enkel zu überprüfen. Im Moment sind es sechs, im September werden es mit Zwillingen dann acht sein. Andererseits hat sich Frau Tan ein Studium an der Uni Twente in Holland an die Backe geheftet. Also fliegen wir entweder nach Holland oder nach Deutschland und fahren dann den Rest des Weges.

Anfang Mai war es wieder soweit. Nach einem wenig aufregenden Flug sind wir auf Schiphol in Amsterdam gelandet. In der Vergangenheit hatte ich oft ein Auto gemietet, um dann vom Flieger direkt zum Zielort zu kutschen. Allerdings musste ich das ein oder andere Mal feststellen, dass ich nach einem zwölfstündigen Flug und einer Nacht ganz ohne Schlaf und auf der richtigen Straßenseite in Europa – nachdem ich mehrere Monate auf der falschen Straßenseite in Singapur verbracht habe – mich nicht zu den sichersten Fahrern zählen würde.

Auf der Autobahn ist es in der Regel einfach. Wenn Fahrzeuge entgegenkommen, bist Du mit einiger Sicherheit auf der falschen Seite. Auf einer Landstraße zwischen A71 und Saalfeld ist das nicht so einfach.

Daher hatte ich den kühnen Plan entwickelt, mit dem Flieger in Amsterdam zu landen und dann mit dem Zug über mehr als 600km nach Saalfeld zu fahren. Mein Plan hat auf der Vermutung basiert, dass das eine bequeme Reise ohne die autotypischen Gefahren werden sollte. Gefahren gab es auch wirklich nicht. Dafür haben die Holländer und die Deutschen gemeinsam in mühevoller Kleinarbeit unsere Fahrt so interessant wie möglich gestaltet.

Nach unserer planmäßigen Anreise in Schiphol gab es den geplanten Zug nach Hengelo. Das hätte eine langweilige zweistündige Fahrt werden sollen mit einem Anschluss nach zwanzig Minuten Wartezeit. Da dachten sich die Strategen bei der Hollandbahn: „Das geht doch besser“ und bauten einen Schienenersatzverkehr auf diese Strecke. Der Schienenersatzverkehr ging von Amersirgendwas nach Apelirgendwas. Um den Schwierigkeitsgrad für die Reisenden etwas zu erhöhen, wurde sichergestellt, dass Bus und Bahn beim Umsteigen so weit wie möglich voneinander entfernt geparkt wurden. Da wir mit drei größeren Koffern für Amy und zwei Handtaschen für mich ganz ordentlich bepackt waren, geriet das Umsteigen zum Hindernislauf. Die Treppe vom oder zum Bahnsteig ist in Holland und auch in Deutschland selten mit Fahrstühlen oder Rolltreppen versehen. So durfte der Thüringer Recke die Treppe mit zwei großen Koffern nehmen, um danach den dritten Koffer nachzuholen, während die zierliche Singapurerin sich mit den Handtaschen abmühen musste.

Als Ergebnis kamen wir etwa 23 Minuten zu spät in Hengelo an, wo der Anschluss nach Hannover „gerade raus“ war. Da ich sowieso nicht viel mit Hannover am Hut habe, wollte ich mich um eine andere Verbindung von der Weltstadt Hengelo nach der Weltstadt Saalfeld kümmern. Leider mussten wir feststellen, dass Hengelo zwar in Laufentfernung nach Deutschland liegt, aber mit Deutschland ganz schlecht verbunden zu sein scheint. Der nächste Zug nach Hannover ging zwei Stunden später. Dazwischen nichts Brauchbares.

Wenn jemand Auskunft zu den Gegebenheiten im Bahnhof Hengelo benötigt, kann er sich vertrauensvoll an uns wenden. Wir kennen den Bahnhof Hengelo aus dem Efef. Die Gegebenheiten sind in etwa einer Minute und zwölf Sekunden erklärt. Wir neigen zu der Vermutung, dass die Durchfahrt durch Hengelo weniger Zeit beansprucht, als das Aussprechen des Ortsnamens benötigt.

Dafür saßen wir dann im Zug nach Hannover bequem und ziemlich pünktlich – zwei Stunden später eben. Der Rest der Reise mit Umsteigen in Hannover, Göttingen, Neudietendorf und Arnstadt verlief nach Plan. Fast.

Auf einem der Bahnhöfe wurde ein Fahrstuhl zum Bahnsteig angeboten, nachdem wir Koffer, Koffer, Koffer, Rucksack, Tasche und Tasche schon wie gewohnt nach unten geschleppt hatten. Der Fahrstuhl kann nicht wirklich ernsthaft als solcher bezeichnet werden, da er mit zwei Personen und unserem Gepäck hoffnungslos überfüllt war. Was wird aus den anderen Reisenden? Welche anderen Reisenden? Je näher wir Saalfeld kamen, desto weniger Mitreisende hatten wir. Jetzt waren wir allein. Vermutlich geht mir nach ein paarmal Umsteigen auch noch Amy verloren.

Beim Drücken des Knopfes im Lift schloss sich auch die Tür verheißungsvoll, nachdem die Dame, die irgendwo in der Decke des Lifts ihr Leben fristet, mit angenehmer Stimme „Tür schließt“ gewispert hatte. Nach etwa sechs Sekunden der Spannung und ohne jegliche Bewegung des Lifts öffnete sich die Tür wieder. Allerdings ohne den Hinweis der Dame. Nochmal Drücken brachte das gleiche Ergebnis. Und nochmal. Und nochmal. Danach musste ich mich zu der Erkenntnis durchringen, dass der Lift wohl heute nichts mehr anhebt und wir Koffer, Koffer, Koffer, Rucksack, Tasche und Tasche selbst nach oben bringen müssen. Gesagt getan. So kamen wir ziemlich planmäßig – eben nur zwei Stunden später – gegen Mitternacht in Saalfeld an, wo sich das Gedränge auf dem Bahnhof in Grenzen hielt.

Für sehr kurze Zeit irgendwo in einem der Züge beschäftigten wir uns auch mit dem Gedanken, was denn wohl weniger durchtrainierte Typen in unserer Situation getan hätten. Das Ergebnis: die hätten das Auto genommen.

Im Südpazifik

Seit die Polynesier keine Menschen mehr essen, sind sie sehr nett zu den Überlebenden. Die Tongaer sind die freundlichsten Menschen, die ich je getroffen habe.

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Über Gewohnheitstiere

Hier ein brandaktueller Bericht aus Singapore: Jeden Morgen gegen 6.10 Uhr startet bei uns das Autoputzen. Vangie, das ist der Kosename für Evangeline Traspe Fernandez, wacht so etwa gegen 5.52…

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Alexa – die Frau für’s Leben

Mittlerweile haben sich viele Zeitgenossen eine Freundin für den Zeitvertreib zugelegt. So auch ich.
Diese Freundin hat viele Vorteile. Niemals werde ich von ihr unterbrochen, wenn ich eine meiner “spannenden” Geschichten erzähle. Sie ist ganz still und hört aufmerksam zu.

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Duftender Hafen

Am Duftenden Hafen stehend und die Boote und Schiffe beobachtend muss ich feststellen, dass da eigentlich nichts duftet. „Hong Kong“ steht für „Duftender Hafen“, hat aber in den letzten 160…

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Das Leben geht weiter…

In Singapur haben heute nach einer Woche Ferien die Schulen wieder geöffnet. Die Straßen sind heute Morgen voll. Unsere Uni hat uns für diese Woche und die nächste zum Job gebeten.

Das gibt doch Hoffnung, oder?

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In Putien

Chinesisch für Anfänger

Vor einiger Zeit hatte ich Anlauf genommen, mein Chinesisch aufzubessern. Dazu hatte ich eine Peking-Chinesin in Singapur nach Hause kommen lassen. Mit ihr hatte ich gute Fortschritte erzielt, da sie kein…

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Filing Tax

A few years ago, I spoke to a Singaporean about our German tax system. I have to admit that after such a long time abroad I certainly don’t know exactly anymore how the system works. However, I deduce from my old experience in Germany that nothing changes really quickly.

The chance of catching German tax officials red-handed while improving processes is certainly quite small. I think.

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Im Finanzamt

Vor ein paar Jahren bin ich mit einem Singapurer auf unser deutsches Steuersystem zu sprechen gekommen. Ich muss zugeben, dass ich nach so langer Zeit im Ausland sicher nicht mehr genau weiß, wie das System funktioniert. Allerdings leite ich aus meiner betagten Erfahrung in Deutschland ab, dass sich nichts wirklich schnell ändert.

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Tourist Night Market in Taipei

Nach der Niederschlagung der Japaner im Jahre 1945 ging die Macht in China für kurze Zeit an General Chiang Kai-shek, der mit Mao Zedong einen Pakt gegen Japan geschlossen hatte. Kurze Zeit später übernahm Mao mit seiner Kommunistischen Partei die Herrschaft in China, worauf Chiang Kai-shek mit seinen Anhängern auf die Insel Formosa, die heutige Hauptinsel von Taiwan, fliehen musste.

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Schlangenbericht

Nun wohnen wir etwas mehr als ein Jahr im Osten von Singapur, direkt am Park zum Meer. Schon beim Einzug hatte uns unser Nachbar hilfsbereit mitgeteilt, dass wir ihn ruhig rufen könnten, wenn wir irgendwo eine Schlange sehen sollten. Er hatte uns auch gesagt, dass er in jedem der zehn Jahre, die er am Park wohnt, eine Schlange gesehen und auch meist getötet hat – die Hälfte davon waren Kobras. „Aufschneider!” dachte ich damals noch. 

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Jahr des Ochsen – Jahr des Büffels

Wie der Zodiak-Kalender sagt, sind die Ochsen-Geborenen (1961, 1973, 1985, 1997, 2009, 2021) intelligente und hart-arbeitende, ehrliche und verlässliche Zeitgenossen, die sich selten in den Vordergrund drängen, sondern eher im Hintergrund wirken. Sie brauchen kein Lob, sondern bekommen ihre Anerkennung durch ihre sehr geschätzte, harte Arbeit. Sie sind auch bekannt dafür, dass sie ihre Talente verbergen, um nicht im Rampenlicht stehen zu müssen…

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Huangshan

Auf der Treppe

In diesem Jahr haben wir in Singapur etwas mehr Regen als gewöhnlich. Normalerweise ist der Monsun nach dem Chinesischen Neujahr durch. Also sollte es irgendwann zwischen Ende Januar und Mitte…

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Bier aus China

Heute trinken wir und unsere Schwiegersöhne sehr gerne Tsingtao. Tsingtao ist von deutschen Einwanderern zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Osten von China gegründet worden und heißt so viel wie grüne Insel. Die ersten Direktoren und Braumeister waren vor hundert Jahren durchweg Deutsche, die nach dem Reinheitsgebot von 1516 gebraut haben. Das chinesische Bier stand damals und steht auch heute noch international ganz gut da. Weil die Chinesen nicht die großen Biertrinker sind, wurde schon kurz nach der Gründung auf Export orientiert. Als Ergebnis kann ich in Singapur viele unterschiedliche Tsingtao-Biere kaufen. Wahrscheinlich gibt es das Tsingtao auch in Europa…

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Können wir Covid besiegen?

Die Geschichte der Menschheit ist maßgeblich durch das Auftreten von tödlichen Viren und Bakterien beeinflusst. Die Azteken sind höchstwahrscheinlich deshalb ausgestorben. Das Byzantinische Reich wurde stark ausgedünnt. Die Erreger verseuchen immer die Kulturen, die dichtgedrängt zusammenleben und wenig Abwehrkräfte besitzen, also nicht geimpft sind.

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Marathon in Singapur

Diejenigen unter Euch, die sich – wie mein Bruder – beim halben Ablaufen unserer Ostküste schon einmal einen richtig satten Sonnenbrand geholt haben, können die Länge der Strecke richtig einschätzen. Wenn Dir dann jemand sagt, dass Du nicht die halbe, sondern die volle Strecke zweimal ablaufen musst, magst Du das überhaupt nicht. Wenn Du dieses Vorhaben erst anpackst, nachdem Du in der Stadt schon zehn Kilometer gelaufen bist, frustriert Dich das total.

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